Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Meilen stellt vor: Susanne Schultz

Wer sorgt dafür, dass in Meilen alles rund läuft? Wir porträtieren Menschen, die im Dorf wirken.

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Sie ist an der Bruechstrasse untergebracht, nahe beim Bahnhof, in einem unauffälligen Mehrfamilienhaus, davor ein paar Parkplätze: Die Alkohol- und Suchtberatung Bezirk Meilen (asbm). Seit fünf Jahren wird sie von Susanne Schultz geleitet. Die gelernte Sozialarbeiterin und ihre zwei Kollegen unterstützen und begleiten Menschen, die sich mit ihrem Suchtverhalten auseinandersetzen möchten – oder mit demjenigen einer nahestehenden Person.

Das Angebot der ambulanten Suchtberatung für Erwachsene wird von rund 240 Personen jährlich genutzt, die Kontaktaufnahme ist unkompliziert: «Man kann uns ein Mail schreiben oder anrufen», sagt Susanne Schultz, «dann vereinbaren wir einen Termin für ein Erstgespräch.»

«Wir begleiten die Menschen auf ihrem selbst gewählten Weg.»

Während zur Gründerzeit des Vereins der Fokus darauf lag, Betroffene von ihrer Sucht zu «heilen», ist die Zusammenarbeit heute sehr viel partnerschaftlicher: «Wir sind nicht abstinenzorientiert, sondern begleiten die Menschen auf dem Weg, den sie wählen», sagt Susanne Schultz.

Konkret heisst das: Wer den sogenannten kontrollierten Konsum anstrebt – also zum Beispiel nicht komplett auf Alkohol verzichten will –, wird dabei unterstützt. Dies einerseits mit ganz konkreten Strategien im Umgang mit dem Verlangen und mit Kollegen, die zum Konsum animieren. «Anderseits schauen wir, was hinter der Sucht steckt. Geht es darum, Spannung abzubauen oder Aggressionen loszuwerden? Wie kann ich lernen, anders mit mir umzugehen?»

Zu Beginn finden die 50-minütigen Sitzungen meist einmal wöchentlich statt, später seltener. Wenn es sinnvoll ist, werden auch die Angehörigen in den Prozess mit einbezogen, und die asbm ist gut vernetzt, wenn es darum geht, stationäre Therapieplätze, Psychiater oder Wohngruppen zu vermitteln oder den Kontakt zu Ämtern oder anderen Institutionen herzustellen.

Nur etwa die Hälfte der Klienten meldet sich wegen Alkoholproblemen. Da die asbm für sämtliche Suchtformen zuständig ist, hat das Team auch häufig mit Cannabis- und Kokainsucht zu tun, dazu kommen Probleme im Umgang mit Medikamenten, Glücksspielen oder Onlinegames sowie Essstörungen etc. Dabei «spiegelt sich die Zusammensetzung der Bevölkerung in der Beratung wider», sagt Susanne Schultz: «Unsere Klienten kommen aus allen Gesellschaftsschichten.» Interessant findet sie, dass es auch bei den Süchten Trends gibt: «Partydrogen wie Ecstasy sind fast verschwunden, dafür ist Kokain ein immer grösseres Thema. Und wir hatten bereits Trading-Süchtige bei uns», also Menschen, die ihr Verhalten auf Börsenplattformen nicht mehr im Griff haben.

Wichtig für die Klienten: Die Leistungen der asbm, die in erster Linie von den Bezirksgemeinden finanziert werden, sind kostenlos, alle Gespräche unterstehen der Schweigepflicht. Und es gibt keine Warteliste – wer sich entscheidet, Hilfe in Anspruch zu nehmen, kann meist schon bald mit einem Termin rechnen. Und das ohne Verpflichtung. «Es ist nicht Bedingung, dass man sagt ‘jetzt höre ich auf’. Auch wer einfach einmal seinen Konsum anschauen will, darf gerne zu uns kommen. Und wir wissen, dass Rückfälle vorkommen, es gibt also keinen Druck.»

«Unsere Klienten stammen aus allen Schichten der Gesellschaft.»

Mit der Beratung packt ungefähr ein Drittel der Klienten den Ausstieg aus der Sucht, das zweite Drittel schafft eine Stabilisierung und ein Drittel «ist noch nicht bereit», wie Susanne Schultz sagt. Neben den Betroffenen finden auch Angehörige ein offenes Ohr bei der asbm, um neue Wege zu finden, eigene Bedürfnisse zu stärken, Lösungen zu finden.

Susanne Schultz  ist bereits seit 20 Jahren als Suchtberaterin tätig und ist noch immer fasziniert von ihrer Arbeit: «Jede Person bringt ihre Geschichte mit. Näher hinzuschauen und zum Beispiel gemeinsam mit einem Menschen zu erarbeiten, wie er ohne sein Suchtmittel besser für sich einstehen und sein Leben sinnvoll gestalten kann, finde ich sehr befriedigend.»

Steckbrief

Susanne Schultz

61, in einer festen Beziehung lebend

Tätigkeit: Stellenleiterin und Suchtberaterin bei der asbm (Alkohol- und Suchtberatung Bezirk Meilen)

Wohnort: Zürich

Hobbys: Wandern, schwimmen, velofahren, Skitouren – allgemein Freizeit in der Natur.

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